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Die
Erfindung betrifft ein Formgedächtnis-Kompositmaterial
mit Dreiformeneigenschaften, das nach einer thermo-mechanischen
Programmierung in der Lage ist, magnetfeldinduziert von einer programmierten
temporären Form in eine weitere programmierte temporäre
Form und von dort in seine permanente Form überzugehen.
Die Erfindung betrifft ferner einen aus dem Formgedächtnis-Kompositmaterial
hergestellten Artikel.
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Im
Stand der Technik sind so genannte Formgedächtnispolymere
oder SMPs (shape memory polymers) bekannt, die bei Induktion durch
einen geeigneten Stimulus einen Formübergang von einer temporären
Form in eine permanente Form entsprechend einer vorherigen Programmierung
zeigen. Am häufigsten ist dieser Formgedächtniseffekt
thermisch stimuliert, das heißt, bei Erwärmung
des Polymermaterials über die definierte Schalttemperatur
findet die durch Entropieelastizität angetriebene Rückstellung statt.
Formgedächtnispolymere sind in der Regel Polymernetzwerke,
bei denen chemische (kovalente) oder physikalische (nicht kovalente)
Vernetzungsstellen die permanente Form bestimmen. Die Programmierung
erfolgt, indem oberhalb der Übergangstemperatur einer von
einem Schaltsegment gebildeten Phase (= Schaltphase) das Polymermaterial
deformiert und anschließend unter Aufrechterhaltung der
Deformationskräfte unter diese Temperatur abgekühlt
wird, um die temporäre Form zu fixieren. Erneute Erwärmung
oberhalb der Schalttemperatur führt zu einem Phasenübergang
und Wiederherstellung der ursprünglichen permanenten Form.
(Da die Schalttemperatur Tsw im Gegensatz
zur Übergangstemperatur Ttr von
der mechanischen Bewegung abhängt, welche die makroskopische
Formveränderung definiert, können beide Temperaturen
geringfügig voneinander abweichen.)
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Neben
diesen Zweiformenkunststoffen ("dual-shape polymers"), die neben
ihrer permanenten Form eine temporäre Form einnehmen können,
sind inzwischen auch AB-Polymernetzwerke (so genannte Dreiformenkunststoffe
oder "triele-shape polymers") beschrieben worden, die zwei aus verschiedenen
Schaltsegmenten gebildete Phasen mit unterschiedlichen Übergangs-
bzw. Schalttemperaturen aufweisen und dadurch in der Lage sind,
neben ihrer permanenten Form zwei temporäre Formen in ihrem "Formgedächtnis"
zu speichern (z. B.
Bellin et al., Proc. Nat. Acad. Sci.
USA, 2006 103(48): 18043–18047 oder
WO 99/42528 A ).
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Diese
Dreiformenkunststoffe weisen grundsätzlich mindestens zwei
nicht-mischbare, segregierte Phasen mit jeweils einer Übergangstemperatur auf,
so dass jede Phase für die Fixierung jeweils einer temporären
Form genutzt werden kann. Dabei wird die permanente Form durch kovalente
Vernetzungsstellen des Polymernetzwerkes festgelegt, während
die beiden temporären Formen durch einen thermomechanischen
Programmierprozess definiert werden. Die Fähigkeit dieser
Materialien, temperaturinduziert zwei aufeinander folgende Formenübergänge
zu vollziehen, nämlich von einer ersten temporären
Form in eine zweite temporäre Form und von dort in die
permanente Form, ermöglicht komplexe Bewegungen und eröffnet
vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise
in der Medizin.
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Weiterhin
ist die magnetisch stimulierte Auslösung eines Formenüberganges
bekannt. Dabei kommen Formgedächtnis-Kompositmaterialien
zum Einsatz, die eine Matrix eines Zweiformenpolymers sowie in dieses
eingebettete magnetische Partikel umfassen. Bei dem Formgedächtnispolymer
handelt es sich um ein thermisch stimulierbares SMP mit der Fähigkeit,
nach einer thermo-mechanischen Programmierung temperaturinduziert
einen Formenübergang zu vollziehen. Unter Einwirkung eines
magnetisches Wechselfeldes kommt es zu einem induktiven Aufheizen
der magnetischen Partikel und somit des umgebenden SMP, so dass
dieses seine Schalttemperatur erreicht und der Übergang
von der zuvor programmierten temporären Form in die permanente Form
ausgelöst wird.
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Beispielsweise
beschreiben Mohr et al. (Proc. Nat. Acad. Sci. USA, 2006,
103(10): 3540–3545) entsprechende Kompositmaterialien
aus Formgedächtnispolymeren mit eingebetteten magnetischen
Nanopartikeln. Dabei wird der Zusammenhang zwischen dem Oberflächen-Volumen-Verhältnis
(O/V) und der bei einem gegebenen Magnetfeld maximal erreichbaren
Materialtemperatur Tmax beschrieben. Zudem
wird der Einfluss des Nanopartikelgehaltes der Kompositmaterialien
auf Tmax diskutiert.
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In
WO 2005/042142 A2 werden
Formgedächtnis-Kompositmaterialien beschrieben, die eine Formgedächtnispolymermatrix
sowie darin eingebettete magnetische und/oder metallische Kolloide
umfassen. Ausgelöst durch ein äußeres
Magnetfeld erfolgt eine induktive Erwärmung der Kolloidpartikel und
somit des umgebenden Polymermaterials, welches eine physikalische
Strukturveränderung, insbesondere einen Relaxationsprozess
induziert, der zu einer Veränderung der geometrischen Form
und letztlich zu einer Freisetzung eines pharmakologischen Wirkstoffes
führt. Auch aus
US 2005/0212630 A1 ist ein Formgedächtnis-Komposit
bekannt, das eine Formgedächtnispolymermatrix sowie darin
eingebettete magnetische Partikel um fasst. Auch dieses System ist
somit in der Lage, magnetisch induzierte Formenübergänge
zu vollführen.
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Die
somit eröffnete Möglichkeit der Steuerung des
thermisch induzierten Formgedächtniseffektes durch alternierende
Magnetfelder ist insbesondere für medizinische Anwendungen
interessant, wo die herkömmliche externe Wärmezufuhr
physiologisch oft unverträglich ist. Allerdings erfordern
zahlreiche Anwendungen komplexe Formänderung, insbesondere
auch solche, welche die sequentielle Abfolge von mehreren Formen
umfassen. Dies ist derzeit nicht nach dem Prinzip der magnetischen
Stimulation möglich.
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Der
vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Material
mit magnetisch stimulierbarem Formgedächtniseffekt bereitzustellen, das
mehr als einen magnetisch induzierten Formenübergang vollziehen
kann. Der Gegenstand sollte ferner möglichst einfach herstellbar
sein.
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Diese
Aufgabe wird durch einen Formgedächtnis-Kompositmaterial
mit Dreiformeneigenschaften mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Das
erfindungsgemäße Material umfasst.
- (a) ein Triele-Shape-Formgedächtnispolymer, das mindestens
eine Sorte Vernetzungspunkte (NP) und mindestens zwei Schaltsegmente
(A, B) umfasst, welche durch Phasensegregation jeweils eine Schaltphase
mit jeweils einer Übergangstemperatur (Ttr,A,
Ttr,B) ausbilden, so dass das Polymer nach
einer thermo-mechanischen Programmierung in Abhängigkeit
von seiner Materialtemperatur neben einer permanenten Form mindestens
zwei temporäre Formen einnehmen kann, sowie
- (b) zumindest ein in das Formgedächtnispolymer eingebettetes
magnetisches Material.
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Bei
dem Formgedächtnispolymer handelt es sich um einen Dreiformenkunststoff
mit thermisch stimulierbarem Formgedächtniseffekt. Das
heißt es ist in der Lage, temperaturindiziert zumindest
zwei Formenübergänge, nämlich von einer
thermo-mechanisch programmierten temporären Form in eine
programmierte weitere temporäre Form und schließlich in
eine permanente Form zu vollziehen. Dabei wird mit dem Begriff Schaltsegment
ein Kettensegment des Polymernetzwerkes bezeichnet, welches eine Schaltphase
bildet. Die Schaltphase bildet sich durch Phasenentmischung (Segregation)
von verschiedenen Kettensegmenten des Polymernetzwerkes im Festkörper
aus und trägt damit entscheidend zur Ausbildung der typischen
Morphologie des Materials bei. Auf diese Weise wird erreicht, dass
das Polymer netzwerk als Ganzes Materialeigenschaften aufweist, die
den jeweiligen Schaltphasen zugeordnet werden können, insbesondere
zwei oder mehrere unterschiedliche Übergangs- bzw. Schalttemperaturen
für den thermisch-induzierten Effekt, bei denen es sich
unabhängig voneinander um Glasübergangs- oder
Schmelztemperaturen handeln kann.
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Bei
dem magnetischen Material kommt es auf seine Fähigkeit
an, mit einem magnetischen Wechselfeld so zu Wechselwirken, dass
es zu seiner Erwärmung kommt. Das magnetische Material
ist somit über ein alternierendes Magnetfeld induktiv aufheizbar,
so dass bei sukzessiver Verstärkung des Magnetfeldes eine
sequentielle Erwärmung des Polymermaterials über
die Schalttemperaturen seiner Schaltphasen erfolgt, wodurch die
sequentielle, zumindest zweistufige Formrückstellung induziert
wird. Das erfindungsgemäße Material zeichnet sich
mithin dadurch aus, dass es die Fähigkeit von Dreiformenkunststoffen
zu komplexen mehrstufigen Formenübergängen mit
der Möglichkeit der magnetischen Stimulation bei Umgebungstemperatur
kombiniert.
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Nach
einer vorteilhaften Ausgestaltung weist das Formgedächtnispolymer
eine physikalisch oder kovalent vernetzte AB-Netzwerkarchitektur
auf, bei dem die die Schaltphasen bildenden Schaltsegmente (A, B)
mit ihren beiden Kettenenden kovalent im Polymernetzwerk gebunden
vorliegen. Beispielsweise kann eines der Schaltsegmente beidseitig
an einem aus dem anderen Segment oder unter dessen Beteiligung gebildeten
Rückgrad gebunden vorliegen, wobei die Anknüpfungspunkte
die Vernetzungspunkte definieren. Denkbar ist ebenfalls, dass zwei
oder mehr Schaltsegmente lineare Ketten ausbilden, die wiederum
vernetzt sind.
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Gemäß einer
alternativen Ausgestaltung weist das Formgedächtnispolymer
eine physikalisch oder kovalent vernetzte Seitenketten-Netzwerkarchitektur
auf, bei dem eines der Schaltsegmente (A, B) in Form freier Seitenketten
vorliegt, welche an einem unter Beteiligung des anderen Schaltsegments
gebildeten Polymerrückgrad einseitig gebunden sind, während
das andere Ende frei ist.
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Gemäß einer
weiteren alternativen Ausgestaltung weist das Formgedächtnispolymer
eine physikalisch vernetzte Netzwerkstruktur auf bei dem die Schaltphasen
bildenden Schaltsegmente jeweils kovalent an unterschiedliche Segmente
gebunden sind, die jeweils ein physikalisch gebundenes Polymernetzwerk
aufbauen, so dass ein System mit drei Phasen entsteht. Ein solches
Drei-Phasensystem kann z. B. durch Polymerblends erhalten werden.
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Gemäß einer
weiteren Ausgestaltung weist das Formgedächtnispolymer
eine Kombination von kovalenter und physikalischer Vernetzung auf.
Eine mögliche Kombination sind z. B. kovalente Netzpunkte
und zwei Phasen mit physikalischer Vernetzung. Ein solches Netzwerk
kann dargestellt werden, indem in Gegenwart eines bereits bestehenden,
physikalisch vernetzten Polymernetzwerks, das die die erste Schaltphase
bildenden Schaltsegmente A enthält, ein Precursor mit den
die zweite Schaltphase bildenden Schaltsegmenten B eingebracht und
zur Polymerisation gebracht wird. Während seiner Entstehung
durchdringt das sich bildende, die Schaltsegmente B enthaltende
zweite Netzwerk das bestehende Netzwerk mit den Schaltsegmenten
A – jedoch nicht umgekehrt. Ein solches System wird semi-interpenetrierendes
Netzwerk (semi-IPN) genannt. Alternativ kann ein solches Netzwerk
in Form zweier sich gegenseitig durchdringender Netzwerke (interpenetrierendes
Netzwerk, IPN) vorliegen. Ein IPN kann durch gleichzeitige Polymerisation
von mindestens zwei Sorten Precursorn dargestellt werden, die jeweils
ein eigenes Netzwerk ausbilden, welche sich während der
Polymerisation gegenseitig durchdringen. Hierbei weist jedes Schaltsegment
eine eigene Charakteristik der kovalenten Verknüpfung auf,
die chemisch voneinander unabhängig ist, so dass beide entstehenden
Netzwerke sich gegenseitig durchdringen.
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Bei
den kovalent oder physikalisch vernetzten Netzwerken mit mehreren
Schaltphasen ist die Dreiformeneigenschaft unabhängig von
der Herstellung der Netzwerke. Die Netzwerke können beispielsweise
durch Polymerisation geeigneter Polymere, etwa von Acrylaten und/oder
Methacrylaten, dargestellt werden. Ebenfalls ist die Herstellung durch
Polyaddition von endgruppenfunktionalisierten Oligomeren möglich,
insbesondere durch Polyaddition von hydroxytelechelen Oligomeren
mit Isocyanaten zu Copolyesteruerethan-Netzwerken.
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Die
Erfindung betrifft weiterhin einen aus dem erfindungsgemäßen
Kompositmaterial hergestellten Artikel. Bei dem Artikel kann es
sich um einen beliebigen Gegenstand beliebiger Form handeln, insbesondere
um einen Artikel aus dem medizinischen Bereich, etwa eine Gefäßstütze
(Stent), ein Nahtmaterial oder dergleichen. Weitere Anwendungsgebiete betreffen
Sensoren für Magnetfelder, oder magnetisch induziert schaltbare
Schalter oder Ventile oder dergleichen.
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Nach
einer speziellen Ausgestaltung der Erfindung weist der Artikel zumindest
zwei, unmittelbar oder mittelbar miteinander verbundene Abschnitte auf,
die sich durch ein unterschiedliches Oberflächen-Volumen-Verhältnis
O/V unterscheiden. Diese besondere geometrische Gestaltung des Artikels macht
sich den Umstand zunutze, dass Körper aus einem Formgedächtnis-Kompositmaterial
mit unterschiedlichem O/V in einem gegebenen magnetischen Wechselfeld
unterschiedliche Materialtemperaturen erreichen. Insbesondere ist
die maximal erreichbare Materialtemperatur eines geometrischen Körpers
umso geringer, je größer seine Oberfläche im
Verhältnis zum Volumen ist. Dies ist auf den verhältnismäßig
größeren Wärmeübergang an die
Umgebung gegenüber einem Körper mit kleinerem
O/V zurückzuführen. Durch das Vorhandensein mehrerer Teilabschnitte
innerhalb des Artikels mit unterschiedlichem O/V gelingt es, die
Wärmetransportprozesse im Bauteil unter Zusammenwirkung
mit der Umgebung so zu nutzen, dass derjenige Abschnitt mit dem kleinsten
O/V in einem geeigneten magnetischen Wechselfeld die zur Formrückstellung
(Schaltung) erforderliche Materialtemperatur erreicht und ein Abschnitt
mit größerem O/V nicht. Erst nach weiterer Erhöhung
der Magnetfeldstärke und/oder der -frequenz erreicht auch
der Teilabschnitt mit dem größeren O/V die zur
Formrückstellung erforderliche Materialtemperatur und vollzieht
den zuvor programmierten Formübergang. So lassen sich ohne
Erhöhung der Umgebungstemperatur mehrere Formen nacheinander
abrufen, indem das äußere Magnetfeld sukzessive
verstärkt wird, wodurch die Formenübergänge
der einzelnen Teilabschnitte getrennt voneinander zeitversetzt geschaltet
werden. Auf diese Weise können örtlich getrennte
Teilabschnitte des Artikels isoliert voneinander geschaltet werden,
wobei zunächst derjenige Abschnitt mit dem kleinsten O/V
geschaltet wird und nachfolgend die anderen Abschnitte in der Reihenfolge
ihrer O/V. Die Anzahl programmierbarer temporärer Formen
wird somit einerseits durch die Anzahl der im Polymermaterial vorhandenen
Schaltphasen und andererseits durch die Anzahl der Abschnitte mit
unterschiedlichem Oberflächen-Volumen-Verhältnis
bestimmt. Mit anderen Worten kann durch die Ausgestaltung des Artikels
mit mehreren geometrischen Teilabschnitten mit unterschiedlichen O/V
die Anzahl der programmierbaren Formenübergänge
noch erhöht oder sogar multipliziert werden.
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Dabei
kann der Artikel einstückig aus einem homogenen Kompositmaterial
hergestellt werden, das heißt alle Abschnitte mit unterschiedlichem
O/V bestehen aus dem gleichen Material. Auf diese Weise ist der
Artikel einheitlichen Materials einfach herstellbar, etwa im Spritzgussverfahren
oder dergleichen.
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In
diesem Zusammenhang wird unter dem Begriff Abschnitt (oder Teilabschnitt)
ein visuell unterscheidbarer Teilbereich des Artikels verstanden,
dessen Grenzen nicht willkürlich verlaufen, sondern durch
geometrische Gegebenheiten im Körper definiert sind. Insbesondere
zeichnen sich die Abschnitte dadurch aus, dass ein Übergang
von einem O/V eines Ab schnitts zu einem O/V eines anderen Abschnitts
an ihrer Grenzfläche sprunghaft oder zumindest aber in
Bezug zu einer Gesamtausdehnung des Artikels steil verläuft.
Dabei wird unter „steil" ein Übergang zwischen
zwei angrenzenden Oberflächen-Volumen-Verhältnissen
verstanden, der sich über eine Länge von maximal
10% der Gesamtausdehnung des Artikels erstreckt.
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Nach
einer bevorzugten Ausgestaltung weisen die zumindest zwei Abschnitte
des Artikels jeweils eine, in zumindest eine Raumrichtung konstante
Materialstärke auf. So können bei einer flächigen Gestaltung
des Artikels unterschiedliche Oberflächen-Volumen-Verhältnisse
allein durch unterschiedliche Materialstärken der Abschnitte
realisiert werden. Alternativ oder zusätzlich zu dieser
Maßnahme ist von Vorteil, wenn die zumindest zwei Abschnitte jeweils
ein, bezüglich zumindest einer Raumrichtung, insbesondere
einer Längserstreckung der Abschnitte, konstantes O/V aufweisen.
Durch das Vorliegen eines konstanten Oberflächen-Volumen-Verhältnisses
innerhalb eines Abschnittes wird erreicht, dass bei Aussetzung des
Artikels einem bestimmten Magnetfeld eine örtlich gleichmäßige
Wärmeabfuhr in die Umgebung und damit eine homogene Materialtemperatur
innerhalb des Abschnittes erzielt wird. Somit wird, wenn diese Materialtemperatur
die Schalttemperatur des Formgedächtnispolymers überschreitet, eine
kooperativ verlaufende Formrückstellung im gesamten Abschnitt
bewirkt.
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Es
ist bevorzugt vorgesehen, dass die Oberflächen-Volumen-Verhältnisse
der unterschiedlichen Abschnitte des Artikels sich durch einen Faktor
von mindestens 1,2, insbesondere von mindestens 1,5, unterscheiden.
Noch vorteilhafter ist ein Unterschied durch einen Faktor von mindestens
2. Auf diese Weise werden ausreichend große Unterschiede
der notwendigen Magnetfeldstärken und/oder -frequenzen sichergestellt,
die zur Schaltung der jeweiligen Abschnitte erforderlich sind. Aus
dem gleichen Grund ist bevorzugt vorgesehen, dass die zumindest
zwei Abschnitte so gewählt sind, dass ihre Oberflächen-Volumen-Verhältnisse
eine Differenz einer in einem gegebenen Magnetfeld maximal erreichbaren
Materialtemperatur von mindestens 10 K, insbesondere von mindestens
15 K, noch vorteilhafter von mindestens 20 K, aufweisen.
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Eine
weitere vorteilhafte Ausführung der Erfindung sieht vor,
dass die Abschnitte des Artikels nicht unmittelbar miteinander verbunden
sind, sondern mittelbar durch einen zwischengeschalteten thermisch
isolierenden Abschnitt. Dieser kann beispielsweise durch ein möglichst
großes Oberflächen-Volumen-Verhältnis
und damit verbunden eine große Wärmeabführrate
in die Umgebung gekennzeichnet sein, wobei das O/V des thermischisolierenden
Abschnittes mindestens dem O/V desjenigen Abschnitts mit dem größeren
O/V der beiden entspricht, insbesondere um mindestens 10%, vorzugsweise
mindestens 20%, größer ist als dieser.
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Das
erfindungsgemäße Kompositmaterial kann mit einem
zweistufigen Verfahren programmiert werden, das die Schritte umfasst:
- a) Bereitstellen des erfindungsgemäßen
Formgedächtnis-Kompositmaterials in seiner permanenten
Form (PF),
- b) Programmieren einer ersten temporären Form (TF1)
durch Deformation des Materials in eine der ersten temporären
Form entsprechende Form bei einer Materialtemperatur oberhalb der
oberen Übergangstemperatur Ttr,1 und
anschließende Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb
der oberen Übergangstemperatur Tre,1 unter
Fixierung der ersten temporären Form und
- c) Programmieren einer zweiten temporären Form (TF2)
durch Deformation des Materials bei einer Materialtemperatur oberhalb
der unteren Übergangstemperatur Ttr,2 und
unterhalb der oberen Übergangstemperatur Ttr,1 und
anschließende Abkühlung unterhalb der unteren Übergangstemperatur
Ttr,2 unter Fixierung der zweiten temporären Form.
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Lassen
sich aufgrund einer entsprechenden Anzahl von Schaltsegmenten im
SMP mehr als zwei temporäre Formen fixieren, so schließen
sich weitere analoge Programmierschritte an. Beispielsweise können
bei zwei Schaltsegmenten vier oder fünf Formen realisiert
werden.
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Dabei
kann in Schritt b) die Temperatur, auf welcher nach der Deformation
abgekühlt wird, zwischen den beiden Übergangstemperaturen
Ttr,1 und Ttr,2 liegen
oder unterhalb der unteren Übergangstemperatur Ttr,2. Im letzteren Fall muss das Material somit
in Schritt c) vor der Deformation erneut auf eine Temperatur oberhalb
der unteren Übergangstemperatur Ttr,2 aber
unterhalb der oberen Übergangstemperatur Ttr,1 erwärmt
werden.
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Eine
alternative Möglichkeit zur Programmierung der temporären
Formen besteht in einem Einschritt-Verfahren, das in der älteren
Anmeldung
DE 10 2007 010
564.0 näher beschrieben ist. Das Verfahren umfasst
die Schritte:
- a) Bereitstellen des erfindungsgemäßen
Formgedächtnis-Kompositmaterials in seiner permanenten
Form (PF),
- b) Deformation des Formgedächtnispolymers in eine der
ersten temporären Form entsprechende Form bei einer Temperatur
oberhalb der oberen Übergangstemperatur Ttr,1 und
anschließende Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb
der unteren Übergangstemperatur Ttr,2 unter
Fixierung der ersten temporären Form.
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Im
Gegensatz zu dem zuvor beschriebenen Verfahren, bei dem die Programmierung
zweischrittig erfolgt, weist das Einschritt-Programmierverfahren lediglich
einen Schritt auf, in welchem die Abkühlung in einem Schritt über
beide Übergangstemperaturen hinweg erfolgt. Ergebnis des
Programmierverfahrens ist ein Dreiformenkunststoff, der in einer
ersten temporären Form vorliegt und neben seiner, durch
die Vernetzungsstellen definierten permanenten Form eine zweite
temporäre Form in seinem Formengedächtnis gespeichert
aufweist. Durch anschließende sequentielle Erwärmung
in einem magnetischen Wechselfeld über die beiden Schalttemperaturen
der Schaltsegmente, die aufgrund ihrer Abhängigkeit vom
Formenübergang geringfügig von den entsprechenden Übergangstemperaturen
abweichen können, werden ausgehend von der ersten temporären Form
nacheinander zunächst die zweite temporäre Form
und anschließend die permanente Form wiederhergestellt.
Auch nach der einschrittigen Programmierung wird eine reproduzierbare
Einstellung der zweiten temporären Form während
der (graduellen oder stufenweisen) Erwärmung beobachtet,
ohne dass bei diesem Verfahren jedoch eine solche durch einen definierten
Formenstress während des Programmierens aufgezwungen wird.
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Bei
kovalent vernetzten Polymeren erfolgt in beiden Programmierverfahren
die Bereitstellung der permanenten Form in Schritt a) während
der Polymerisation des Polymers und wird durch die Vernetzungspunkte
definiert. Im Falle von Thermoplasten wird die permanente Form durch
geeignete Prozessverarbeitungsschritte nach der Polymerisation erzeugt,
etwa im Spritzgussverfahren, wobei das über den Schmelzpunkt
erwärmte Polymer in ein formgebendes Werkzeug gespitzt
wird und dort erstarrt. In beiden Fällen kann die permanente
Form durch mechanische und/oder thermomechanische Bearbeitung des
Kunststoffteils nachträglich verändert werden.
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Alternativ
zu den oben dargestellten Verfahrensweisen können die Deformationen
in den einzelnen Verfahrensschritten auch unterhalb der jeweiligen Übergangstemperatur
durch kaltes Verstrecken erfolgen. In weiterer Abwandlung der Programmierverfahren
kann unter halb der jeweiligen Übergangstemperatur, beispielsweise
bei Raumtemperatur, ein geeigneter Weichmacher in das Polymermaterial
eingebracht werden, so dass die Übergangstemperatur unterhalb
der Umgebungstemperatur sinkt und das Material dann bei Umgebungstemperatur
deformiert wird. Anschließend wird der Weichmacher wieder aus
dem Material entfernt, beispielsweise durch Extraktion mit einem
geeigneten Lösungsmittel, wodurch die programmierten temporären
Formen fixiert werden.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zum Abrufen
von gespeicherten Formen eines nach einem der vorstehend beschriebenen Verfahren
programmierten Materials mit den Schritten:
- (a)
Aussetzung des (in der zweiten temporären Form TF2 vorliegenden)
Materials einem ersten magnetischen Wechselfeld (M1),
das geeignet ist, die Materialtemperatur auf eine Temperatur oberhalb
der unteren Schalttemperatur Tsw,2 des Formgedächtnis-Kompositmaterials
zu erwärmen, wobei das Material von der zweiten temporären Form
TF2 in die erste temporäre Form TF1 übergeht,
und
- (b) Aussetzung des Materials einem zweiten magnetischen Wechselfeld
(M2), das geeignet ist, die Materialtemperatur
auf eine Temperatur oberhalb der oberen Schalttemperatur Tsw,1 des Formgedächtnis-Kompositmaterials
zu erwärmen, wobei das Material einen zweiten Formenübergang
vollzieht und der Artikel von der ersten temporären Form
TF1 die permanente Form PF übergeht.
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Dabei
kann der Übergang von dem ersten magnetischen Wechselfeld
zu dem zweiten magnetischen Wechselfeld durch schrittweise oder
kontinuierliche Erhöhung der Magnetfeldstärke
und/oder -frequenz erfolgen.
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Weitere
bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den übrigen,
in den Unteransprüchen genannten Merkmalen.
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Die
Erfindung wird nachfolgend in Ausführungsbeispielen anhand
der zugehörigen Zeichnungen erläutert. Es zeigten:
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1 schematisch
das erfindungsgemäße Formgedächtnis-Kompositmaterial;
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2a Struktur eines Triele-Shape-Formgedächtnispolymers
mit kovalent vernetzter AB-Netzwerkarchitektur;
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2b Struktur eines Triele-Shape-Formgedächtnispolymers
mit kovalent vernetzter Seitenketten-Netzwerkarchitektur;
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3 ein
erstes Beispiel eines Artikels aus einem erfindungsgemäßen
Formgedächtnis-Kompositmaterial und Verfahrensstufen seiner
Programmierung; und
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4 ein
Beispiel eines Artikels aus einem erfindungsgemäßen
Formgedächtnis-Kompositmaterial gemäß einer
zweiten vorteilhaften Ausgestaltung.
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1 zeigt
ein erfindungsgemäßes insgesamt mit 10 bezeichnetes
Formgedächtnis-Kompositmaterial. Das Material 10 besteht
einerseits aus einer Matrix eines Formgedächtnispolymers
(SMP) mit thermisch induzierbaren Dreiformeneigenschaften, d. h.
einem so genannten Triele-Shape-Formgedächtnispolymer 12.
Ferner weist das Kompositmaterial 10 ein, in das Polymer 12 eingebettetes
magnetisches Material 14 auf.
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Bei
dem Dreiformen-Gedächtnispolymer 12 handelt es
sich um ein vernetztes Polymernetzwerk mit thermisch induzierbarem
Formgedächtniseffekt. Die Netzwerkbildung kann dabei durch
kovalente Bindungen realisiert sein oder durch physikalische Wechselwirkungen,
beispielsweise elektrostatische Effekte. Durch die Vernetzungspunkte
wird die permanente Form fixiert. Neben den Vernetzungspunkten umfasst
das Polymernetzwerk zumindest zwei Sorten eines Schaltsegments,
welche durch Phasensegregation jeweils eine Schaltphase mit jeweils
einer Übergangstemperatur ausbildet, etwa eine Kristallisations-
oder Glasübergangstemperatur. Die segregierten Schaltphasen
erlauben die Fixierung jeweils einer temporären Form, so
dass das Polymer 12 nach einer thermo-mechanischen Programmierung
in Abhängigkeit von seiner Materialtemperatur neben der
permanenten Form mindestens zwei temporäre Formen einnehmen
kann. Im Idealfall kann somit pro segregierte Phase eine temporäre
Form fixierbar sein. Polymernetzwerke, die ein Zweiformen-Gedächtniseffekt
aufweisen, sind in der Literatur beschrieben. Grundsätzlich
ist die vorliegende Erfindung auf kein spezielles Material beschränkt.
Beispielsweise kann das Polymernetzwerk Schaltsegmente aufweisen,
die ausgewählt sind aus der Gruppe der Polyester, insbesondere
Poly(ε-caprolacton); Polyether; Polyurethane, insbesondere
Polyurethan; Polyetherurethane, Polyimide, Polyetherimide, Polyacrylate,
Polymethacrylate, Polyvinyle, Polystyrole, Polyoxymethyle, Poly(para-dioxanon)
oder andere. Dabei werden die zumindest zwei Schaltsegmente vorzugsweise
so gewählt, dass ihre Schalttemperatur in einem für
die jeweilige Anwendung akzeptablen Bereich liegt.
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Optional
kann das Formgedächtnispolymer 12 hydrolytisch
spaltbare Gruppen aufweisen, insbesondere Ester-, Amid-, Anhydrid-,
Carbonat-, Ether- und Orthoestergruppen sowie Kombinationen von diesen.
Auf diese Weise werden bioabbaubare Materialien erhalten, was insbesondere
für Anwendungen im biomedizinischen Bereich vorteilhaft
oder sogar Vorraussetzung sein kann. Auch bioabbaubare Formgedächtnispolymere
sind aus der Literatur hinlänglich bekannt. Die vorliegende
Erfindung ist auf keine speziellen Vertreter dieser Gruppe eingeschränkt.
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Zwei
Beispiele für vorteilhafte Netzwerkarchitekturen des Formgedächtnispolymers 12 sind
in schematischer Darstellung in den 2a und
b gezeigt.
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2a zeigt ein Polymer 12 mit einer
kovalent vernetzten AB-Netzwerkarchitektur. Hier liegen die die
Schaltphasen bildenden Schaltsegmente A, B mit ihren beiden Kettenenden
kovalent im Polymernetzwerk gebunden vor. Insbesondere ist das Schaltsegment
B beidseitig an ein aus dem Schaltsegment A gebildeten Polymerrückgrad
gebunden. Die kovalenten Vernetzungspunkte NP sind dabei durch die Verknüpfungsstellen
der Schaltsegmente (A, B) definiert. In derartigen AB-Netzwerken
tragen beide Kettensegmente A und B zur Elastizität des
Polymermaterials 12 bei. Beispielsweise kann ein solches
Netzwerk durch die Copolymerisation eines beidseitig endfunktionalisierten
Makromonomers mit einem Monomer dargestellt werden. So wird etwa
durch die Copolymerisation von Poly(ε-caprolacton)dimethacrylat
mit Cyclohexylmethacrylat das AB-Blockcopolymernetzwerk MACL erhalten,
das die segregierten Schaltsegmente Poly(cylohexylmethacrylat) (PCHMA;
Segmente A in 2a) und Poly(ε-caprolacton)
(PCL; Segmente B) ausbildet.
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Demgegenüber
zeigt 2b eine kovalent vernetzte Seitenketten-Netzwerkarchitektur,
bei dem das Schaltsegment B in Form freier Seitenketten vorliegt,
welche an einem unter Beteiligung des Schaltsegments A gebildeten
Polymerrückgrad gebunden sind. In einer solchen Struktur
tragen hauptsächlich die Segmente zwischen den Netzpunkten
NP, das heißt das Polymerrückgrad, zur Elastizität
bei. Ein derartiges Seitenkettennetzwerk kann durch die Copolymerisation
von zwei oder mehr unterschiedlichen Makromonomeren realisiert werden, von
denen mindestens eines einseitig und mindestens ein weiteres beidseitig
endfunktionalisiert ist. Beispielsweise wird durch die Copolymerisierung
von Poly(ε-caprolacton)dimethacrylat mit Polyethylenglycol-Monomethylether-Methacrylat
das Polymernetzwerk CLEG dargestellt: hierbei entstehen durch die
teilweise stattfindende Homopolymerisation von Polyethylenglycol-Monomethylether-Methacrylat
Polymethacylatsegmente (PMA; C in 2b)
mit daran gebundenen PEG-Seitenketten (B). Unter Beteiligung der
beidseitig gebunden vorliegenden PCL-Segmente A und der PMA-Segmente
C wird ein Polymerrückgrad ausgebildet.
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Hinsichtlich
des magnetischen Materials 14 (1) ist bevorzugt
vorgesehen, dass dieses in Form von Partikeln vorliegt, insbesondere
in Form von Mikropartikeln oder Nanopartikeln. Dabei sind vorliegend
Mikropartikel durch einen mittleren Partikeldurchmesser im Bereich
von 1 bis 999 μm definiert und liegen typischerweise im
Bereich oberhalb von 500 μm und Nanopartikel durch einen
mittleren Partikeldurchmesser im Bereich von 1 bis 999 nm, typischerweise
unterhalb von 10 nm. Diese Definition schließt somit eine
pulverförmige Konsistenz des magnetischen Materials 14 ein.
Aus stofflicher Hinsicht kommen für das magnetische Material 14 alle Materialien
in Frage, die geeignet sind, in einem alternierenden magnetischen
Feld eine Wechselwirkung zu zeigen, die zur Erwärmung der
Partikel führt. Insbesondere kann das magnetische Material
elementare Metalle umfassen, beispielweise Ni, Fe und/oder Co. Geeignet
sind darüber hinaus Legierungen, insbesondere Ni-Si, Fe-Pt,
Ni-Pd und/oder Co-Pd. Weiterhin können insbesondere pulverförmige
Metalloxide als magnetisches Material 14 verwendet werden,
insbesondere Ni-Zn-Fe-O, Ba-Co-Fe-O und/oder Fe-O. Daneben können
Magnetite oder Eisenoxide zum Einsatz kommen, in denen die Eisenatome
zumindest teilweise durch Co, Ni, Mn, Zn, Mg, Cu, Cr, Cd und/oder
Ga ersetzt sind. Geeignet sind ebenfalls Ferrite, insbesondere Ni-Zn-
und/oder Sr-Ferrite. Ebenso sind Mischungen der vorgenannten Materialien
möglich. Bevorzugt werden solche Materialien eingesetzt,
die sich in der Polymermatrix homogen verteilen, das heißt
mit dieser eine möglichst homogene Mischung ergeben. Insbesondere, wenn
dieses Verhalten nicht gegeben ist, kann vorgesehen sein, dass die
Partikel des magnetischen Materials 14 eine Beschichtung
eines die Mischbarkeit mit dem Formgedächtnispolymer verbessernden
Materials aufweisen. Als Beschichtungsmaterial kommen vor allem
organische Polymere in Frage.
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Um
den gewünschten multiplen Formeneffekt zu erzielen, müssen
die Formgedächtniseigenschaften der Polymermatrix 12 mit
den thermischen Eigenschaften des Komposit materials 10 als
Ganzes kombiniert werden. Die thermischen Eigenschaften des Kompositmaterials 10 werden
unter anderem von der Art des verwendeten magnetischen Materials 14 bestimmt.
Seitens des Formgedächtnispolymers 12 ist es von
Vorteil, dass dieses einen möglichst engen Schaltbereich
aufweist, das heißt eine große Änderung
des mechanischen Verhaltens (Rückstellung) innerhalb eines
relativ kleinen Temperaturintervalls zeigt. Die Schaltbereiche sollten
genügend weit auseinander liegen, um ein separates Ansteuern
der Schaltintervalle zu ermöglichen.
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Das
erfindungsgemäße Kompositmaterial 10 kann
zu beliebig gestalteten Artikeln verarbeitet werden, wobei die permanente
Form des Artikels in der Regel durch die während der Polymerisation
stattfindende Vernetzung festgelegt wird. Dabei wird bei einem einheitlichen
Oberflächen-Volumen-Verhältnis des Artikels die
maximale Anzahl der Formenübergänge durch die
Anzahl der segregierten Schaltphasen bestimmt. So ermöglichen
beispielsweise die in den 2a, b dargestellten
Segmente A und B jeweils die Fixierung einer temporären
Form, das heißt nach entsprechender Programmierung ist
der Artikel in der Lage, magnetfeldinduziert zwei Formenübergänge
zu vollziehen.
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3 zeigt
in einer beispielhaften Ausführung einen erfindungsgemäßen
Artikel, der – nach geeigneter Programmierung – zwei
magnetisch induzierte Formenübergänge vollziehen
kann. Der insgesamt mit 16 bezeichnete Artikel besteht
aus dem erfindungsgemäßen, vorzugsweise einstückig
hergestellten Formgedächtnis-Kompositmaterial 12,
hier in Form eines runden Schlauches als permanente Form PF (3 oben).
Handelt es sich bei dem verwendeten Formgedächtnispolymer 10 um
ein Polymernetzwerk, so wird die permanente Form PF bereits während
der Polymerisation der Monomere oder Makromonomere gebildet, wobei
die permanente Form PF durch die erzeugten Vernetzungspunkte fixiert
wird. Im Falle von Thermoplasten, die vor ihrer Formgebung bereits
polymerisiert werden, wird die permanente Form PF durch Erstarren
der Polymerschmelze in geeigneten Formwerkzeugen dargestellt, beispielsweise
im Spritzgussverfahren. In beiden Fällen kann die permanente
Form noch nachträglich durch mechanische (materialabtragende)
oder thermo-mechanische Bearbeitung verändert werden.
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Um
den Artikel 16 zu programmieren, wird er in einem ersten
Schritt auf eine Materialtemperatur gebracht, die oberhalb der oberen Übergangstemperatur
Ttr,1 liegt, dann zu einem ovalen Schlauch
deformiert und unter Aufrechterhaltung des Formzwanges die Materialtemperatur
auf eine Temperatur unterhalb der oberen Übergangstemperatur
Ttr,1 oder sogar der unteren Übergangstemperatur
Ttr,2 gesenkt. Auf diese Weise wird der
Formenübergang TF1 → PF beziehungsweise die erste
temporäre Form TF1 programmiert, die durch das Schaltsegment
mit der höheren Übergangstemperatur Ttr,1 fixiert
wird (3 Mitte).
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In
einem zweiten Schritt wird die Materialtemperatur des Artikels 16 auf
eine Temperatur zwischen der unteren Übergangstemperatur
Ttr,2 und der oberen Übergangstemperatur
Ttr,1 gebracht und der Artikel 16 entsprechend
einer zweiten temporären Form TF2 erneut deformiert, die
wiederum einem runden Schlauch entspricht jedoch mit einem gegenüber
der permanenten Form PF vergrößerten Durchmesser
(3 unten). Durch Abkühlung auf eine Temperatur
unterhalb der unteren Übergangstemperatur Ttr,2 erfolgt
die Fixierung der zweiten temporären Form TF2 durch das
Schaltsegment mit der niedrigeren Übergangstemperatur.
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Die
magnetisch induzierte Formrückstellung des gemäß 3 programmierten
Artikels 16, das heißt das Abrufen der programmierten
Formenübergänge, erfolgt nun, indem der in der
zweiten temporären Form TF2 vorliegende Artikel 16 einem
ersten, relativ schwachen alternierenden Magnetfeld M1 ausgesetzt
wird. Infolge der induktiven Erwärmung des magnetischen
Materials 14 und des umgebenden Polymermaterials 12 wird
das Kompositmaterial 10 auf eine Temperatur oberhalb der
im Wesentlichen der unteren Übergangstemperatur Ttr,2 entsprechenden unteren Schalttemperatur
Tsw,2 (aber unterhalb der oberen Schalttemperatur
Tsw,1) erwärmt, wodurch es zu dem
ersten Formenübergang TF2 → TF1 kommt. Der Artikel
geht also von der runden Schlauchform relativ großen Durchmessers
in die ovale Schlauchform über. Zur Auslösung
des ersten Formenüberganges kann die magnetische Feldstärke
oder die Frequenz des magnetischen Wechselfeldes sukzessive erhöht
werden, bis die Formänderung erfolgt. Erst bei weiterer
Erhöhung der Magnetfeldstärke und/oder der Feldfrequenz
auf ein zweites Magnetfeld M2 kommt es zu
einer weiteren Erwärmung des Materials 10 oberhalb
der oberen Schalttemperatur Tsw,1, wodurch
auch die zweite Rückstellung TF1 → PF ausgelöst
wird, das heißt der Artikel 16 geht von der ovalen
Schlauchform in die runde Schlauchform relativ geringen Durchmessers über.
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In
Abwandlung des in 3 dargestellten Beispiels kann
die zweite temporäre Form TF2 auch identisch mit der permanenten
Form PF sein. Weiterhin ist es nicht erforderlich, dass die Deformation
im ersten und/oder zweiten Programmierungsschritt das gesamte Bauteil
erfasst. Vielmehr ist auch denkbar, jeweils nur örtlich
begrenzte Abschnitte des Artikels 16 zu deformieren, beispielsweise
ein erstes Ende in eine Richtung abzuwinkeln und ein zweites Ende
in eine andere Richtung.
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Gemäß einer
weiteren Ausgestaltung der Erfindung kann der aus dem erfindungsgemäßen
Kompositmaterial hergestellte Artikel auch mehrere Teilabschnitte
unterschiedlicher Oberflächen-Volumen-Verhältnisse
O/V aufweisen. Ein Beispiel hierfür zeigt 4.
Demnach weist der Artikel 16 einen Abschnitt 18 mit
relativ geringem O/V und einen Abschnitt 20 mit einem relativ
großen O/V auf. Dies wird bei einer insgesamt zylindrischen
Geometrie durch unterschiedliche Durchmesser der beiden Abschnitte 18 und 20 erreicht
oder im Falle einer flächigen Quader- oder Foliengeometrie
durch unterschiedliche Materialstärken. Denkbar ist zudem,
dass der Artikel 16 mehr als zwei Abschnitte mit unterschiedlichen O/V
aufweist. Der in 4 dargestellte Artikel 16 weist
ferner einen zwischengeschalteten isolierenden Abschnitt 22 mit
einem geringen Durchmesser und hohem O/V und somit kleinen Kontaktflächen
mit den Abschnitten 18, 20 auf. Durch den isolierenden Abschnitt 22 wird
die Wärmeleitung zwischen beiden Abschnitten 18 und 20 weitgehend
unterbunden, wodurch eine thermische Isolierung beider Abschnitte 18 und 20 gewährleistet
ist.
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Die
in 4 dargestellte Ausführungsform macht
sich den Umstand zunutze, dass die maximal in einem gegebenen Magnetfeld
erreichbare Materialtemperatur eines Probenkörpers von
seinem Oberflächen-Volumen-Verhältnis abhängt.
Insbesondere sinkt die maximal erreichbare Temperatur mit wachsendem
Verhältnis der Oberfläche zum Volumen. Dabei besteht
keine Abhängigkeit der maximal erreichbaren Materialtemperatur
von der eingesetzten Probenkörpermasse bei konstantem O/V.
Auf diese Weise kann die Anzahl der programmierbaren Formenübergänge
gegenüber einem Artikel mit einheitlichem O/V zusätzlich
erhöht werden, im Extremfall sogar mit der Anzahl der Teilabschnitte
mit unterschiedlichem ON multipliziert werden.
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Die
in 4 dargestellte Ausführungsform aus einem
Dreiformen-Kompositmaterial mit unterschiedlichem ON der Abschnitte
kann z. B. so programmiert und die Formrückstellung ausgelöst
werden, dass sich vier Formänderungen ergeben. In diesem
Fall sind zwei Formänderungen auf das unterschiedliche
O/V-Verhältnis der Abschnitte zurückzuführen,
während zwei weitere Formänderungen auf den zwei
Schaltphasen des Dreiformen-Kompositmaterials innerhalb eines Abschnittes
beruhen. Die Reihenfolge der Formänderungen der Abschnitte
sowie innerhalb eines Abschnittes ist nicht festgelegt; sie kann
abschnittsweise erfolgen oder sie kann durch geschicktes Ausnutzen
der Schalttemperaturen und der O/V-Verhältnisse der Abschnitte
auch zwischen den Abschnitten wechseln.
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Magnetisch-induzierbares Triele-Shape-Polymernetzwerk
aus PCL und PEG
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Es
wurde ein Kompositmaterial aus einem CLEG-Polymernetzwerk gemäß 2b mit 5 Gew.-% Nanopartikeln (AdNano® MagSilica 50, Degussa Advanced
Nanomaterials, AdNano® MagSilica 50,
Degussa Advanced Nanomaterials, aus 50 bis 60 Gew.-% Eisen-(III)oxid
in einer SiO2-Matrix) hergestellt. Hierfür
wurde Poly(ε-caprolacton)dimethacrylat (10 kD) und Polyethylenglycol-Monomethylether-Methacrylat
in einem Massenverhältnis von 30:70 mit 5 Gew.-% der Nanopartikel
und 1 mol-% Azo-bis-(isobutylonitril) versetzt und intensiv vermischt.
Die so erhaltene Reaktionsmischung wurde in eine PTFE-Form gegossen
und bei 80°C 12 h thermisch polymerisiert. Dabei wurde
die permanente Form (PF) festgelegt. Die PTFE-Form bestand aus zwei Quadern
gleicher Geometrie, die über einen 2 mm breiten und 1 mm
hohen Steg miteinander verbunden waren.
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Durch
rechtwinkliges Abknicken eines ersten Probenendes bei einer Temperatur
oberhalb der oberen Übergangstemperatur und anschließendes
Abkühlen auf eine Temperatur zwischen der unteren und der
oberen Übergangstemperatur wurde die Programmierung der
ersten temporären Form TF1 durchgeführt. Bei dieser
Temperatur wurde durch rechtwinkliges Abknicken des zweiten Probenendes und
anschließendes Abkühlen auf eine Temperatur unterhalb
der unteren Übergangstemperatur wurde die Programmierung
der zweiten temporären Form TF2 durchgeführt.
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Anschließend
erfolgte zunächst die Rückstellung der zweiten
Probenseite (TF2 → TF1) in einem Magnetfeld bei einer Feldstärke
von 14 kA/m und einer Frequenz von 254 kHz an Luft bei einer Umgebungstemperatur
von 25°C und erzwungener Konvektion. Dieser Prozess erforderte
das Erreichen der unteren Schalttemperatur im Kompositmaterial und
erforderte einige Minuten. Dabei blieb die erste Probenseite unverändert.
Anschließend wurde die Magnetfeldstärke auf 19,3
kA/m erhöht, wodurch auch die obere Schalttemperatur und
somit die Rückstellung der ersten Probenseite induziert
wurde (TF1 → PF). Im Ergebnis lag somit wieder die insgesamt ebene
Ausgangsform (PF) vor.
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- 10
- Formgedächtnis-Kompositmaterial
- 12
- Formgedächtnispolymer
- 14
- magnetisches
Material
- 16
- Artikel
- 18
- erster
Abschnitt
- 20
- zweiter
Abschnitt
- 22
- isolierender
Abschnitt
- A
- erstes
Schaltsegment
- B
- zweites
Schaltsegment
- NP
- Vernetzungspunkt
- PF
- permanente
Form
- TF1
- erste
temporäre Form
- TF2
- zweite
temporäre Form
- M1
- erstes
Magnetfeld
- M2
- zweites
Magnetfeld
- Ttr
- Übergangstemperatur
- Tsw
- Schalttemperatur
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
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Zitierte Patentliteratur
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- - WO 99/42528
A [0003]
- - WO 2005/042142 A2 [0007]
- - US 2005/0212630 A1 [0007]
- - DE 102007010564 [0028]
-
Zitierte Nicht-Patentliteratur
-
- - Bellin et
al., Proc. Nat. Acad. Sci. USA, 2006 103(48): 18043–18047 [0003]
- - Proc. Nat. Acad. Sci. USA, 2006, 103(10): 3540–3545 [0006]