Arthur Schnitzler und der Film: Bedeutung, Wahrnehmung, Beziehung, Umsetzung, Erfahrung

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KIT Scientific Publishing, 2006 - Biography & Autobiography - 198 pages
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Die vorliegende Untersuchung liefert einen Gesamtüberblick über Arthur Schnitzlers Zusammenarbeit mit der Filmindustrie. Dabei wird seine Haltung zum Kino ebenso berücksichtigt, wie seine Wahrnehmung und seine theoretische Reflexion des neuen Mediums. Neben der Entstehungsgeschichte der Verfilmungen, die zu Schnitzlers Lebzeiten auf der Grundlage seiner literarischen Texte entstanden sind, gilt es, Schnitzlers eigene Filmentwürfe nach seinen Werken und schließlich seine Drehbücher und Filmskizzen anzuführen. Anhand Schnitzlers eigenen Filmentwürfen und seinen Äußerungen zu den Verfilmungen wird der filmhistorische Kontext Schnitzlers, seine ästhetischen Forderungen an den Film, seine Filmtechnik und seine filmischen Erzählstrategien rekonstruiert.

 

Common terms and phrases

Popular passages

Page 30 - Ich bin ein Augenmensch. Das Kino stört aber das Schauen. Die Raschheit der Bewegungen und der schnelle Wechsel der Bilder zwingen den Menschen zu einem ständigen Überschauen. Der Blick bemächtigt sich nicht der Bilder, sondern diese bemächtigen sich des Blickes. Sie überschwemmen das Bewußtsein. Das Kino bedeutet eine Uniformierung des Auges, das bis jetzt unbekleidet war [...] Filme sind eiserne Fensterläden.«19 Am 20.
Page 38 - Darstellers beiseite legen und neu lernen, wenn man den Werdegang eines Kinostücks verstehen will. Der Schriftsteller ist nicht mehr Künstler, der frei schaffend produziert, wenn die Ideen reif sind und zur Form drängen; sondern der Schriftsteller — der Filmschriftsteller nämlich — ist zunächst einmal ein Teilchen eines großen industriellen Apparats, dem er mit seinen Leistungen eingegliedert ist.
Page 37 - In diesem Sinne ist die Umschmelzung geistiger Werte in Waren (Kunstwerke, Verträge, Prozesse sind Waren) ein fortschrittlicher Prozeß, und man kann ihm nur zustimmen, vorausgesetzt, daß der Fortschritt als Fortschreiten gedacht wird, nicht als Fortgeschrittenheit, daß also auch die Phase der Ware als durch weiteres Fortschreiten überwindbar angesehen wird.
Page 109 - Die filmische Schreibweise ,angesichts< des Kinofilms kann daher nicht als bloße formale Mimesis kinematographischer Darstellungsmittel wie der Montage, des Wechsels der Blickpunkte etc. in der modernen Literatur beschrieben werden; vielmehr handelt es sich um die Mimesis des Inhalts einer Form, der als Gegenstand des Erzählens wiederkehrt (Großstadt) und so auf die komplexe Erfahrung der Realität des Urbanen, zu der das Kino als ihr exemplarischer Teil gehört, zurückweist.
Page 181 - Mich über eine so komplizierte Frage im allgemeinen zu äußern, fiele mir schwer. Die Behauptung, daß ein Kinodrama niemals ein vollendetes Kunstwerk im wahren Sinne sein könne, scheint mir durchaus richtig. Aber wer will leugnen, daß in jedem guten Film eine ganze Fülle von künstlerischen Elementen, schauspielerischen vor allem, malerischen, ja auch dichterischen enthalten zu sein pflegt. Will man das sogenannte Filmstück mit...
Page 79 - FRITZ Ich hab' dich ja auch sehr lieb. CHRISTINE Du bist aber mein Alles, Fritz, für dich könnt' ich... sie unterbricht sich Nein, ich kann mir nicht denken, daß je eine Stunde käm', wo ich dich nicht sehen wollte. So lang ich leb', Fritz - FRITZ unterbricht Kind, ich bitt' dich ... so was sag' lieber nicht ... die großen Worte, die hab
Page 29 - Kino haben wir jetzt erst das Sehen gelernt. Die Freude am Schauen ist geweckt. Wir wollen nicht mehr nüchterne Buchstaben zu Worten zusammensetzen, die beim Buchstabieren und Sinn-Erfassen den Geist anstrengen, sondern leicht und flüchtig die bildliche Lektüre genießen.
Page 94 - Spiele nicht mit der Kamera, denn wir könnten geladen sein! Wäre der Film „Fräulein Eise" im Stammkino für sechzig Pfennige gelaufen, man wäre schweigend ins Bett gegangen. Ihn aber vor einem geladenen Publikum als große Premiere zu zeigen, ist eine unverständliche Anmaßung. Elisabeth Bergner als Fräulein Eise, hilflos und ohne Helfer, schleudert die Gliedmaßen wie jemand, dem es zum Stillstehen zu kalt ist; ein irritierendes Gestammel der Unterarme und der Augenlider; das Gesicht: zwei...
Page 45 - Publikum heute noch nicht für genügend erzogen halten, daß es auf diese unerträglichen Verbindungstexte verzichten könnte, so will ich lieber von der ganzen Sache nichts wissen und ich zöge es vor unseren Vertrag einfach wieder aufzulösen als hier Konzessionen zu machen, die mir unwürdig erschienen.«8 Als Bühnenmensch war ihm die Musikbegleitung, die er taxfrei als »wahrhaft gräulich« bezeichnet, ein Dorn im Auge.
Page 67 - Oefter schon habe ich mit Verwunderung den Widerspruch beobachtet, zwischen dem grossartigen, geradezu verschwenderischen Gebahren der Filmindustrie, insoweit allgemeine Aufmachung - Regie, Massenaufnahmen, Reklame, künstlerische Durchführung und dergleichen in Frage kommt, und dem eher ablehnenden, gewissermaßen nervös-ängstlichen Verhalten gegenüber den Ansprüchen des Autors der Grundidee selbst in Fällen, wo der Name des Autors und die Filmmässigkeit und Filmfruchtbarkeit des Sujets zu...

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