Frau Bovary (German)

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CreateSpace Independent Publishing Platform, Apr 29, 2013 - Fiction - 164 pages
Es war Arbeitsstunde. Da trat der Rektor ein, ihm zur Seite ein Neuer", in gewöhnlichem Anzuge. Der Pedell hinter den beiden, Schulstubengerät in den Händen. Alle Schüler erhoben sich von ihren Plätzen, wobei man so tat, als sei man aus seinen Studien aufgescheucht worden. Wer eingenickt war, fuhr mit auf. Der Rektor winkte ab. Man setzte sich wieder hin. Darauf wandte er sich zu dem die Aufsicht führenden Lehrer. Herr Roger!" lispelte er. Diesen neuen Zögling hier empfehle ich Ihnen besonders. Er kommt zunächst in die Quinta. Bei löblichem Fleiß und Betragen wird er aber in die Quarta versetzt, in die er seinem Alter nach gehört." Der Neuling blieb in dem Winkel hinter der Türe stehen. Man konnte ihn nicht ordentlich sehen, aber offenbar war er ein Bauernjunge, so ungefähr fünfzehn Jahre alt und größer als alle andern. Die Haare trug er mit Simpelfransen in die Stirn hinein, wie ein Dorfschulmeister. Sonst sah er gar nicht dumm aus, nur war er höchst verlegen. So schmächtig er war, beengte ihn sein grüner Tuchrock mit schwarzen Knöpfen doch sichtlich, und durch den Schlitz in den Ärmelaufschlägen schimmerten rote Handgelenke hervor, die zweifellos die freie Luft gewöhnt waren. Er hatte gelbbraune, durch die Träger übermäßig hochgezogene Hosen an und blaue Strümpfe. Seine Stiefel waren derb, schlecht gewichst und mit Nägeln beschlagen. Man begann die fertigen Arbeiten vorzulesen. Der Neuling hörte aufmerksamst zu, mit wahrer Kirchenandacht, wobei er es nicht einmal wagte, die Beine übereinander zu schlagen noch den Ellenbogen aufzustützen. Um zwei Uhr, als die Schulglocke läutete, mußte ihn der Lehrer erst besonders auffordern, ehe er sich den andern anschloß. Es war in der Klasse Sitte, beim Eintritt in das Unterrichtszimmer die Mützen wegzuschleudern, um die Hände frei zu bekommen. Es kam darauf an, seine Mütze gleich von der Tür aus unter die richtige Bank zu facken, wobei sie unter einer tüchtigen Staubwolke laut aufklatschte. Das war so Schuljungenart.

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About the author (2013)

Born in the town of Rouen, in northern France, in 1821, Gustave Flaubert was sent to study law in Paris at the age of 18. After only three years, his career was interrupted and he retired to live with his widowed mother in their family home at Croisset, on the banks of the Seine River. Supported by a private income, he devoted himself to his writing. Flaubert traveled with writer Maxime du Camp from November 1849 to April 1851 to North Africa, Syria, Turkey, Greece, and Italy. When he returned he began Madame Bovary, which appeared first in the Revue in 1856 and in book form the next year. The realistic depiction of adultery was condemned as immoral and Flaubert was prosecuted, but escaped conviction. Other major works include Salammbo (1862), Sentimental Education (1869), and The Temptation of Saint Antony (1874). His long novel Bouvard et Pecuchet was unfinished at his death in 1880. After his death, Flaubert's fame and reputation grew steadily, strengthened by the publication of his unfinished novel in 1881 and the many volumes of his correspondence.

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